Gewitterlinie und Abendrot am Niederrhein am 18.09.2023

Veröffentlicht am 20. September 2023 um 17:02

Es herrschte zumindest kurzzeitig Unsicherheit in welche Kategorie dieser Abend denn nun einzuordnen sei. Begannen die Aufnahmen mit reinen Landschaftsthemen, stand alsbald das Gewitter am Tag im Vordergrund. Mit untergehender Sonne war es dann wieder die Landschaft, bis es nach Sonnenuntergang sogar noch ein paar Blitze bei Nacht gab... schwierig :D

 

Aber der Reihe nach:

 

Bereits für die frühen Morgenstunden des 18.09. waren teils kräftige Gewitter für den Westen Deutschlands vorhergesagt.
Die Vorhersagemodelle schwankten tags zuvor jedoch hin und her zwischen Nichts und tatsächlich aus süd-west aufziehenden Unwettern ab 04:00 Uhr.

Viele Worte um recht wenig: Es kam - wie so oft - nichts. Selbst Regen schaffte es kaum bis über die Grenze.

Insofern schnell wieder ins Bett gelegt und gehofft, dass noch genug Energie für Abendliche Gewitter vorhanden wäre.

Tatsächlich zeigte sich zum Nachmittag eine - im Vergleich zum Vortag - kleine Gewitterlinie über Benelux, welche sich schleifend nach nord-ost bewegte und hierbei immer wieder südlich zubildete. In der Hoffnung, dass die Vorhersagemodelle (im Endeffekt zeigte sich dann wieder das ICON D2 am zielsichersten) diesmal Recht behalten würden, fuhr ich schon frühzeitig zur altbekannten Stelle auf dem Rheindamm bei Dinslaken.

 

Kurze Nebenbemerkung:

Nach der nun einen oder anderen Geschichte aus der niederrheinischen Gegend wird der geneigte Leser festgestellt haben, dass ich mich - zumindest im Sommer bei Gewitterlagen - überwiegend am Rhein aufhalte.

Im Wesentlichen gibt es dafür zwei Gründe:

a) Infrastruktur: Im Falle des Falles ist eine Flucht vor Begleiterscheinungen eines Gewitters ins Auto in wenigen Sekunden möglich, da sich ein Parkplatz direkt hinterm Deich befindet.

b) Dirk wirkte in unseren Anfangszeiten doch recht verdutzt, als ich mich schon bei für ihn recht normal erscheinenden Eindrücken von Blitzen völlig aus dem Häuschen zeigte. Der Grund: In seiner Gegend - den Alpen - ist es relativ problemlos möglich einen deutlich erhöhten Standort zu finden, von dem aus man nahezu waagerecht - quasi auf Augenhöhe - in die aufziehenden Gewitter hinein blicken kann. Das ist bei uns im westlichen Flachland natürlich deutlich erschwert. 2000er findet man am Niederrhein dann doch recht selten. Einzige Möglichkeiten etwas weiter in die Landschaft zu blicken: Alte Abraumhalden der Schwerindustrie, welche tatsächlich gerne mal bis zu 80 Meter über die restliche Landschaft hinaus ragen (mit dem deutlichen Nachteil, dass die Fluchtwege sehr lang sind und diese Landmarken Blitze nahezu magisch anziehen) oder eben der Rheindamm mit den beschriebenen Vorteilen.

Als ich gegen 17:00 Uhr am Damm eintraf, stand im Westen bereits eine nahezu durchgehende, waagerechte weiße Linie am Himmel - die Eisschirme der Gewitter, welche in einer Linie angeordnet nach nord-ost zogen.

Sofort startete ich beide üblichen Zeitraffer... und da ich nach dem letzten Beitrag mehrfach nach Kameraeinstellungen gefragt wurde - hier eine weitere Nebenbemerkung:

Folgende Überlegungen vor dem Start der Zeitraffer:

Die Gewitterlinie sollte im Optimalfall durchgehend von West nach Ost ziehen, jedoch nach nord-ost schleifen. Dies bedeutet, dass sich die Gewitterlinie als ganzes zwar von West nach Ost verlagert, die eingelagerten Einzelzellen jedoch von süd-west nach nord-ost ziehen. Insofern hoffte ich auf eine Einzelzelle, welche vor mir über oder hinter dem bekannten stillgelegten Kohlekraftwerk in Voerde entlang ziehen könnte, während es an meinem Standort vielleicht sogar trocken bleibt. Mit bis zu 80km/h war die Zuggeschwindigkeit der Zellen relativ hoch. Damit die optischen Änderungen beim Durchzug gut erkennbar bleiben und das Video nicht zu schnell abläuft, zeichne ich bei solchen Wetterlagen meistens alle 2 Sekunden ein Bild auf. Die maximale Belichtungsdauer jedes einzelnen Bildes beträgt dabei immer 1 Sekunde - zum Einen um selbst bei relativ dunklen Bedingungen die ISO-Werte und damit Bildrauschen im Zaum zu halten und zum Anderen noch genug Zeit zum Abspeichern des Bildes zu bieten. Abspeichern des Bildes innerhalb einer Sekunde funktioniert auf Grund der Bildgröße nur mit sehr schnellen Speicherkarten. Bei der aufzeichnenden Kamera handelt es sich um eine Canon EOS R5 mit einem 15-35mm Zoom-Objektiv bei 15mm Brennweite. Die Blende habe ich auf 2,8 eingestellt. Die ISO-Werte (Lichtempfindlichkeit des Bildsensors) sollte die Kamera automatisch in einem Bereich von 100 bis 400 wählen.

Darüber hinaus bilden sich an solchen Gewitterlinien gerne auch mal sog. Shelf Clouds, also tief hängende Wolkenwände, welche sich durch schnell aufsteigende und abfallende Winde bilden. Da die Front auf ganzer Breite aufzog, richtete ich den zweiten Zeitraffer gen West aus. Die zweite Kamera benötigt etwas mehr Zeit zum Abspeichern der Daten auf die Speicherkarte. Daher zeichnete ich mit ihr alle 3 Sekunden ein Bild auf. Auch hier war die maximale Belichtungsdauer auf eine Sekunde eingestellt. Somit bleiben der Kamera zwei Sekunden zum Abspeichern jedes Bildes zur Verfügung. Bei dieser handelt es sich um eine Canon EOS 5D Mark IV mit einem 11-24mm Objektiv bei 11mm Brennweite. Die Blende habe ich auf 4 eingestellt. Die ISO-Werte sollte die Kamera auch hier automatisch in einem Bereich von 100 bis 400 wählen. Dementsprechend läuft der hierbei entstandene Zeitraffer etwas schneller ab, als der gen nord-west gerichtete.

Etwa 1,5 Stunden tat sich an der Lage nicht viel, die Linie arbeitete sich langsam weiter gen Ost vor. Gegen 18:00 Uhr verschwand dann die Sonne hinter der Wolkenmauer und bereits wenige Minuten später zeigte sich, dass sogar zwei Grundannahmen korrekt waren:

Erstens waren zwischen den Einzelzellen gen Westen tatsächlich Lücken im Niederschlag erkennbar, wodurch die bereits tief stehende Sonne diesen von hinten beleuchten konnte. Die Niederschlagsfahnen waren sehr gut zu erkennen:

Gen nord-west bildete eine der Zellen eine Shelf Cloud aus, welche jedoch leider recht weit hinter dem Kraftwerk durchzog. Die Stative der Kameras sind erkennbar niedrig eingestellt, da der Wind im Vorfeld der (Kalt-)Front recht stürmisch daher wehte:

Bereits zu diesem Zeitpunkt war absehbar - das könnte (optisch) etwas ganz Besonderes werden. Zwar schwächten sich die Gewitterzellen bei Annäherung etwas ab, Blitze waren somit kaum auszumachen. Durch die tief stehende Sonne und die relativ schmalen Niederschlagsbereiche zeichnete sich jedoch ein wahres Farbspektakel zum Sonnenuntergang ab. So kam es dann etwa 30 Minuten später auch:

Wenig später hieß es dann für etwa 20 Minuten immer wieder den Kopf einziehen und die Linsen der Kameras trocknen. Es zogen wiederholt mehr oder weniger kräftige Regenschauer über meinen Standort hinweg. Ich erwischte aber zumindest einen Bereich mit verhältnismäßig wenig Niederschlag, weshalb ich beide Zeitraffer durchlaufen lassen konnte. Dies stellte sich spätestens in der gestrigen Bearbeitung der Zeitraffer als Segen heraus. Was waren das Farben... Wahnsinn.

Nach Durchzug der Front trocknete es schnell wieder ab, der Wind flaute deutlich ab und die tief hängenden Wolken wurden noch einige Zeit von der untergehenden Sonne angestrahlt.

An dieser Stelle bin ich froh, dass ich mit mehreren Kameras - auch dem Handy - Fotos aufgezeichnet habe, die alle den gleichen Eindruck vermitteln. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Zeugen, die diesen Sonnenuntergang ebenfalls live mitverfolgten. Ansonsten könnte man hier von einer doch etwas übertriebenen Nachbearbeitung der Fotos ausgehen - welche ausdrücklich nicht erfolgt ist.

Weitere Nebenbemerkung:

Nachbearbeitungen von Fotos finden NATÜRLICH statt, auch und gerade mittels Photoshop. Wie ich / wir Fotos nachbearbeiten, zeigen wir irgendwann einmal in einem gesonderten Blogbeitrag, das würde hier den Rahmen sprengen.
Nur zu Sicherheit der Standard-Spruch: Wir nehmen Fotos immer in manuellen Modi und im sog. RAW-Fortmat auf. Insofern MÜSSEN die Fotos nachbearbeitet werden. Dies dient jedoch lediglich der Wiedergabe des Eindrucks, den wir vor Ort live erlebt haben. Das Ganze hat selbstverständlich eine leicht subjektive Note, wird jedoch nie unrealistisch übertrieben.

Zurück zum Thema:

Auf dem Radarbild ist sowohl die Gewitterzelle, die direkt nördlich von mir über das Kraftwerk zog, als auch die Lücke in der Front, welche meinen Standort perfekt erwischte, zu erkennen.

Südlich dieser Lücke verstärkten sich in der Folge die Gewitterzellen und zogen unter recht hoher Blitzaktivität zwischen Duisburg und Düsseldorf durch.

Da beide große Kameras noch fleißig Zeitraffer aufzeichneten, blieb mir für die Blitze dieser Zellen nur noch eine Canon EOS R übrig. Bei dieser handelt es sich um den ersten Versuch der Fa. Canon eine Spiegellose Vollformatkamera auf den Markt zu schmeißen. Da gibt es mittlerweile deutlich leistungsstärkere Kameras.

Auch die Blickrichtung von meinem Standort aus war eher suboptimal. Insofern haben diese Bilder lediglich Dokumentationscharakter.

Immer wieder freut es mich mit dem einen oder anderen Interessierten ins Gespräch zu kommen. Mittlerweile kennt man sich an dieser (und anderer) Stelle vom Sehen und mit Mehreren waren wir uns vorgestern einig, dass dieser optische Eindruck absoluten Seltenheitswert besaß.

Leider dauerte die Bearbeitung der aufgezeichneten Fotos etwas länger als zunächst geschätzt - allein auf Grund der großen Anzahl der Bilder, als auch meiner unberechenbaren Arbeitszeiten. Da muss das Hobby leider ab und an etwas zurück stehen.

Die Ergebnisse lassen sich jedoch absolut sehen und sind hier - im Optimalfall in UHD - zu betrachten:

Zum Abschluss vielleicht noch etwas zum schmunzelt... so sieht es dann für mehrere Stunden aus, wenn die Bearbeitungsprozesse zumindest teilautomatisiert ablaufen...

Erstellt: Chris 20.09.2023

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