27.10.2022 - die zweite der drei schon im Blogeintrag zum Geißstein angekündigten Touren in einer Woche stand an. Am liebsten wäre es mir gewesen, mit der größten Tour zu starten um dann mit müden Knochen nicht mehr ganz so hoch hinaus zu müssen. Allerdings sprach zum Einen der gefallene Neuschnee in der Höhe dagegen, zum Anderen, dass eine langsame Steigerung der Höhe in meinen Augen auch einer Steigerung des - im wahrsten Sinn - Hochgefühls gleich kommt. Daher bereitete es mir insofern Kopfschmerzen, dass die vermeintlich "kürzeste" Tour, die wir am 25.10. unternommen hatten, schon zu einem Gewaltmarsch ausgeufert war. Was stand uns also heute bevor.
Antwort: Eine zwar erneut körperlich herausfordernde, jedoch sowohl landschaftlich, wie auch in Sachen Wetter, absolut phantastische Bergwanderung.
Auch hier gilt: Alle folgenden Bilder habe ich mit dem Handy aufgenommen. Sie sind "unbearbeitet". Die Bilder der "großen" Kamera findet Ihr in der Buidlgalerie.
Die Anfahrt gestaltete sich deutlich länger als am 25., da unser Ziel ein gutes Stück weiter süd-westlich lag. Startpunkt war ein Parkplatz südlich von Alpbach, wiederum südlich von Wörgl und Brixlegg in Tirol.
Beim Start am Parkplatz schien zwar bereits die Sonne, allerdings war es in der Früh der Jahreszeit angemessen kühl und abgesehen davon stiegen wir erneut zunächst auf der Westflanke des Nordgrates des Großen Galtenbergs auf.
Der Wald- und Wiesenpfad schlängelt sich, flankiert vom inneren Radingerbach und dem Stettauergraben, hinauf auf den Rücken. Dort angekommen lässt man zügig den Wald hinter sich und es bieten sich erste Fernblicke - wie unten zum ersten Mal auf das Tagesziel - dem Großen Galtenberg (2424m).
Der Pfad führte uns unter mäßigem Höhengewinn schnurstracks nach Süden, direkt auf die Nordflanke des Galtenbergs zu. In der nord-östlichen Ferne grüßte bald der Kaiser - wir grüßten fleißig zurück.
Genau in entgegengesetzter Richtung zeigte sich der ab diesem Zeitpunkt omnipräsente Olperer (3476m) über dem Tuxer Ferner bei Hintertux in den Zillertaler Alpen:
Der Pfad steilt hier nun deutlich an, ausgesetzte oder herausfordernde Stellen sucht man jedoch weiter vergebens - was einen den Blick in die Ferne zusätzlich genießen lässt:
Ab etwa 2200m kamen wir ab und an an ein paar kleineren Schneefeldern vorbei - welche sich auf der Nordflanke von den vergangenen Tagen noch hielten und bei solch Touren meiner Meinung nach einfach dazu gehören. Auf Grund der Steilheit des Geländes gelangten wir nun zügig in Richtung Gipfel:
Als wir den diesen gegen Mittag erreichten, bot sich uns ein einmaliger Rundblick auf die umgebende Bergwelt. Lediglich ein paar Cirren, welche im Süden doch etwas dichter ausfielen, "trübten" den ansonsten stahlblauen Himmel. An dieser Stelle könnte ich nun sicherlich viele Wort zu meinem Gemütszustand zu diesem Zeitpunkt verlieren - es sei nur soviel geschrieben: Es war überwältigend schön. Bedenkt man alleine die Rahmenbedingungen:
a) gerade erst im Urlaub angelangt zu sein und trotzdem schon so tolle Momente erlebt zu haben
b) Ende Oktober ein solch stabiles und warmes Wetter genießen zu dürfen
c) gefühlt - und in gewisser Weise auch tatsächlich - hoch über den Dingen zu schweben und allen Stress hinter bzw. unter sich zu lassen
und das d) auch noch in entsprechender Gesellschaft - ein herzliches Dankeschön an dieser Stelle erneut an Lea
Und noch mal Süden im Panorama v.l.n.r.: Berchtesgadener Alpen, Tauern mit Großglockner (3798m), Granatspitzgruppe, Venedigergruppe, Zillertaler Alpen und Tuxer Hauptkamm, Karwendel:
Südlich des Großen Galtenbergs beabsichtigten wir vom Verbindungsgrat zwischen Kleinem und Großem Galtenberg direkt abzusteigen. Da es sich aber, sowohl wettertechnisch, als auch in Sachen Uhrzeit gut ausging, stiegen wir vom Grat aus ungeplant noch bis zum Kleinen Galtenberg auf.
Am Gipfel des Kleinen Galtenberg (2318m). Es war gefühlt wie in einer Postkarte. Es regte sich kein Lüftchen, war warm und an dem kleinen Nebengipfel waren wir nahezu ungestört. Zeit ein wenig in sich zu kehren und nachzudenken:
Trotz grandioser Bedingungen erwischte es mich dann am Gipfelkreuz eiskalt. Ein Arbeitskollege meines Ausbildungsjahrgangs hatte sich erst vor kurzer Zeit das Leben genommen.
Durch Andere daran erinnert, dass eben Jener am 27.10. seinen Geburtstag gefeiert hätte... trug mich die Inschrift des Gipfelkreuzes doch ziemlich aus der Kurve... und tut es noch, wenn ich daran zurück denke.
Mental hin und her gerissen, verspeisten wir weitestgehend still unsere leckeren Mitbringsel, bestaunten weiterhin die majestätische Umgebung, bevor wir uns auf den Abstieg über steile herbstliche Grashänge begaben. In dem Kar unterhalb der beiden Gipfel war es trotz der nord-westlichen Ausrichtung windstill und extrem warm:
In der nachmittäglich tief stehenden Sonne wanderte ich zumindest für meinen Teil recht in mich gekehrt dahin, mehr als sonst in dem Bewusstsein wie überwältigend groß die Welt doch ist und wie klein und unbedeutend dagegen die eigene Existenz erscheint. Mit dem Gedanken die Zeit, die einem gegeben ist, bestmöglich zu genießen, lockerte sich die Stimmung und in der Folge gab es auch wieder was zu lachen.
Kontraste, wie sie nur die Übergangszeiten zustande bringen... und zu einem Zeitpunkt, an dem alle Wasservorräte aufgebraucht waren und die müden Knochen vor Erschöpfung langsam den Geist aufgaben... endlich Wasser... und...
... ein sehr willkommenes Plastikrohr, welches sich mit einem Mindestmaß an handwerklichem Geschick an eine lohnende Stelle bugsieren ließ...
Erquickt und wieder bestens gelaunt verflog die Zeit, wir schmissen die restlichen Kilometer auf einer geschotterten Fahrstraße nur so hinter uns und gelangten wenig später am Ausgangspunkt der Wanderung an.
Die Knochen und Muskeln müde wie sonst was, der Geist ebenso, waren wir extrem froh nach der noch folgenden Autofahrt wieder daheim beim wohl verdienten Abendmahl zu hocken. Zumindest mir schien es absolut schleierhaft, wie ich zwei Tage später die längste und höchste der drei Touren bewältigen sollte...
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